132 Duette für zwei Violinen “Menueten, Polonoisen et Bouren”, 1740-1770
Hier die Noten:
132 Duette für zwei Violinen “Menueten, Polonoisen et Bouren”, 1740-1770
Und hier die Katalogeinträge:
SLUB-Katalog
RISM
Die Musiker Uwe Schollmeyer und Thomas Krings haben sich auf die Suche nach Handschriften mit traditioneller Musik begeben. Fündig geworden sind sie in der Sächsischen Landesbibliothek Dresden (SLUB), die eine sehr interessante Handschrift mit Tanzmusikmelodien aus dem 18. Jh. digitalisiert und veröffentlicht hat.
Es geht um 132 Duette für 2 Violinen, niedergeschrieben in der Mitte des 18. Jh. in zwei Stimmbüchern (Violino Primo und Violino Secunda). Das ganze erweist sich bei näherer Betrachtung recht schnell als Schatzkiste mit überraschendem Inhalt.
Enthalten sind 132 Stücke, davon 82 zweistimmig. Im Einzelnen:
50 Menuette, 45 Polonaisen, 18 Boure [sic] (alle 2/4 bzw. C|), 10 Schleufer (3/8), 5 Märsche, 2 Aria, 1 Murqui, 1 Massura.
Auffällig ist die große Anzahl von Stücken mit „merkwürdigen“ Tanktanzahlen. Von zwei- bis 16-taktigen Teilen kommt tatsächlich alles(!) vor. 4-, 8- oder 16-Takter jedoch nur in gut der Hälfte der Stücke (71).
Vorzeichen von 2b bis 4#, überwiegend 2#, eine typische Geigenhandschrift eben. Die Tonarten sind nicht ganz so vielfältig wie die Taktanzahlen. Neben dem erwarteten Dur kommen auch Stücke in Dorisch, Moll, Mixolydisch (je 2) und Lydisch (5) vor.
Die Titel der Stücke bestehen bis auf sechs Ausnahmen ausschließlich aus der jeweiligen Tanzbezeichnung. Ausnahmen:
Bolonese Drestner
Menuet Drestner
Menuet No: 1. Berliner
Polonoisen. Leipziger Partie [...]
Maitre de Souvise Menuet: Le Princ
Massura di Dresden et Wien
[Anmerkung: Die Schreibweise ist wie immer direkt der Handschrift
entnommen.]
Über die eigentliche Herkunft der Handschrift weiß ich nichts. Sie befindet sich als Teil eines Nachlasses des Musikaliensammlers Manfred Gorke im Bach-Archiv Leipzig.
Ich kann euch diese Handschrift nur wärmstens empfehlen. Die Noten sind sehr gut lesbar und so für eine Entdeckungsreise durch einfaches Drauflosspielen bestens geeignet.
Mir haben es ja besonders die ultrakurzen, 2×2 Takte langen „Boure“ angetan, die mich sehr an die „Teusch“ im Notenbuch des Heinrich Nicol Philipp erinnern. Tatsächlich findet sich hier auch eine eindeutige Parallele zwischen beiden Handschriften:
Boure S. 4 in „132 Duette“ und 13. Teusch S. 11 in Heinrich Nicol Philipp (= 3 Bienen Teusch in „Neues aus alten Büchern 3“)
Aber auch die anderen Stücke haben es in sich. So stehen die Polonaisen denen der Wittenberger Apothekenhandschrift in nichts nach und auch das eine oder andere Menuett hat Suchtpotential.
Viel Spaß damit!
Thomas Behr im April 2021